Sonntag, 4. Dezember 2011

Läufer-ABC: B wie Barfußlaufen

In letzter Zeit hört man immer öfters den Begriff des Barfußlaufens. Ich muss gestehen, dass es auch mich etwas erwischt hat und ich mich immer öfters dem „natürlichen Laufen“ hingebe. Diejenigen, die bereits in einem meiner Laufseminare waren, haben ja auch schon einen Einblick davon bekommen. Doch was bringt das Laufen ohne Schuhe eigentlich?

Wie bereits in einigen vorherigen Berichten beschrieben, sind Schuhe mit Dämpfung und Pronationsstützen nicht immer ideal für uns Läufer, und die Schuhindustrie ist eigentlich der eigene Motor für noch ausgeklügelte Technologien, die uns aber weder schneller machen noch vor Überlastungen schützen.

Meine Antwort dazu ist: ein guter Laufstil verhindert Überlastungen und bringt die Energie auf die Straße!

Und ein guter, vor allem aktiver Laufstil ist unter anderem daran zu erkennen, dass der Fußaufsatz in Laufrichtung erfolgt – also von vorne nach hinten! Nur so kann man ab dem ersten Bodenkontakt die Beinmuskulatur aktivieren und die Energie in die Beschleunigung umsetzen. Das schont übrigens auch den gesamten Bewegungsapparat, da alle natürlichen Dämpfungsmechanismen (Gelenke) optimal eingesetzt werden. Schau dir den Laufstil von Haile Gebrselassie an!

Läuft man jedoch weniger aktiv und hebt dabei die Beine wenig, dann wird das Bein lediglich nach vorne gezogen und die Ferse stemmt gegen die Laufrichtung in den Boden. Und je größer (weiter) der Schritt desto höher ist die Bremswirkung bei jedem einzelnen Schritt. Dadurch geht natürlich viel Energie verloren. Diese Energie löst sich aber nicht in Luft auf: sie geht in die Dämpfung. Das Quetschen der Dämpfung hat zwar die positive Wirkung, dass der Aufprall nicht direkt ins Knie- bzw. Hüftgelenk geht, was langfristig zu Problemen führen kann. Die hineingesteckte Energie fehlt uns aber für die Vorwärtsbewegung – zusätzlich muss man ja auch noch die Bremswirkung des Stemmschritts mit einem Mehraufwand an Energie kompensieren!

Deshalb ist es so wichtig, dass der Fuß in Laufrichtung aufgesetzt wird. Techniktraining ist angesagt. Und da finde ich, dass das Barfußlaufen eine sehr gute Möglichkeit ist, schnell und effizient Erfolge zu erreichen! Nicht dass wir jetzt gleich einen Marathon ohne Schuhe laufen sollen – ich sehe das eher als eigene Trainingsmethode. Und wenn man regelmäßig barfuß läuft, dann will man es nicht mehr missen!

Wieso ist Barfußlaufen eine so gute Unterstützung für das Lauftechniktraining?

  1. Ohne davor etwas über die Wirkung zu verraten – lauf einfach einmal ohne Schuhe und beobachte deinen Fußaufsatz. Sobald du barfuß läufst, wirst du automatisch mit dem Ballen bzw. mit dem flachen Fuß aufsetzten. Keinesfalls aber mit der Ferse da es a) weh tut und b) schwer ist, da wir unsere Absätze gewöhnt sind.
  2. Die Unebenheiten am Boden (vorzugsweise auf der Wiese laufen!) müssen ausgeglichen werden. Normalerweise macht das der Schuh – barfuß müssen es die feinsten Muskeln machen. Die Sensomotorik wird so geschult. Vor allem aber werden die Muskeln des Quer- und Längsgewölbes trainiert, die in den gewohnten Laufschuhen nicht aktiviert werden. Ein Fersensporn ist oft das Ergebnis einer zu schwachen Fußmuskulatur.
  3. Betrachte dir mal deinen Laufschuh etwas genauer. Die gut gedämpften Schuhe haben oft einen Absatz von 4 bis sogar 5cm! Wir laufen sozusagen auf Stöckeln. Das begünstigt natürlich zusätzlich den Fersenaufsatz, da einfach so viel Material unter der Ferse ist, das früher Bodenkontakt hat.
  4. Wenn der Absatz hinten angenommen 4cm hat und die Vorfußdämpfung etwa 2,5cm, dann steht man im Schuh immer „bergab“. Manche Schuhhersteller geben dieses Gefälle auch als Differenzial oder Sprengung an. In unserem Fall laufen wir ständig in Schuhen mit einem Gefälle von 7,5%. Auch logisch, dass dadurch auch die Waden immer etwas entlastet sind.

Doch aufgepasst! Lauf nicht zu viel ohne Schuhe - die Laufschuhe sind noch immer wichtig!

Die Laufschuhe haben aber auch weiterhin ihre Bedeutung. Das Barfußlaufen ist auf Dauer auch nicht zu empfehlen. Man hört zwar immer wieder, dass bei diversen Marathonläufen Teilnehmer ohne Schuhe an den Start gehen. Diese sind aber eher die Minderheit und eine Nachahmung empfiehlt sich sicher nicht.

Der Körper braucht sehr lange, bis er sich auf das Laufen ohne Schuhe gewöhnt hat. Für die meisten ist das eine dermaßen große Umstellung, dass sie bereits nach wenigen Minuten einen Muskelkater in der Wade verspüren. Ein Zuviel ist auch da wieder kontraproduktiv!

Auch Personen, die bereits orthopädische Schäden oder Fehlstellungen haben, werden ihre Probleme durchs Barfußlaufen nicht beseitigen können. Bitte vorher mit dem Arzt oder dem Therapeuten absprechen, damit nichts daneben geht!

7 Kommentare:

  1. Das ist schon sehr viel Unsinn auf einmal. An das Laufen ohne Schuhe gewöhnt man sich schnell. Man muss nur auf seine Empfindungen achten. Laufen mit Schuhen ist eine halbe Sache, weil sehr viele Strukturen stillgelegt bleiben. Viel Blabla und wenig Sachverstand.

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    1. Ich habe nie behauptet, dass man sich nicht ans Barfußlaufen gewöhnt - bitte vorher den Bericht bzw. alle Berichte zum Thema Barfußlaufen in diesem Blog durchlesen, bevor du mit Wörten wie "Unsinn" oder "viel Blaba" herumwirfst.

      Auch wenn du vielleicht eine eigene (andere) Erfahrung mit dem Barfußlauf gemacht hast, dann muss sie keineswegs der allgemeinen entsprechen. Meine Erfahrung sieht jedenfalls so aus - ich würde mich auf eine Diskussion freuen, aber nicht anonym!

      Übrigens! Anonyme Kommentare, die keine Möglichkeit einer Diskussion geben, werden normalerweise gelöscht.

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  2. Es muss ja nicht anonym sein, aber ich habe leider noch kein Google-Konto.

    Die Berichte habe ich schon gelesen, und es sind auch nicht so schlechte Ansätze dabei. Die Kernaussage bleibt dennoch schwammig: Barfußlaufen ist ja ganz nett, aber bitte nicht zuviel. Und das ist meiner Meinung nach Unsinn, denn ohne Schuhe zu laufen ist ja der Naturzustand, sozusagen die Ausgangsposition. Oder ist etwa das allzu häufiges Atmen ohne Luftfilter und Sauerstoffmaske ungesund?

    Meine Erfahrung ist, dass es nur einige Wochen dauert, bis man mittlere Distanzen einigermaßen problemlos ohne Schuhe laufen kann. Selbst wenn ich der einzige wäre, der diese Erfahrung gemacht hat, stimmt die Aussage "Der Körper braucht sehr lange, bis er sich an das Laufen ohne Schuhe gewöhnt hat" schon nicht mehr. Ich gehe nicht soweit, zu behaupten, dass das Laufen mit Sportschuhen schädlich ist, wie das viele Barfußbegeisterte tun, aber es ist ein ganz anderes Laufen, eine halbe Sache eben, weil zu viele Muskeln und Teile des Bewegungsapparates ausgespart oder unterbeansprucht bleiben. Ich bin selbst Mediziner, doch würde ich nicht allzuviel auf die Lehrmeinung eines Arztes geben, denn die meisten haben kaum oder auch gar keine Erfahrung bezüglich Barfußlaufen und plappern nur allgemein verbreitete falsche Vorstellungen nach, obwohl sie es als Mediziner eigentlich besser wissen müssten.

    Von einem Marathon würde ich sowieso abraten, mit oder ohne Schuhe, maßgeblich für den Gesundheitssport sollte nicht der Leistungsgedanke sein, denn das führt zwangsläufig zu gesundheitlichen Problemen. Die Marathondistanz ist aus historischen Gründen willkürlich festgelegt, das widerspricht sportmedizinischen Überlegungen, nach welchen die Laufdistanz individuell auf den Sportler ausgerichtet sein sollte.

    Falls Interesse besteht, bin ich gerne bereit, meine Erfahrungen mit anderen zu teilen.

    LG Tom

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    1. Hallo Tom!

      Wir sind auf alle Fälle auf der gleichen Welle: das Barfußlaufen ist keineswegs "ganz nett", sondern eine effiziente Methode, einen ökonomischen Laufstil zu erlernen. Denn die Schuhe unterstützen ja bekannter Weise den "schlechten" Laufstil. Das wird dir auch keiner abstreiten und du wirst auch keine andere Meinung in diesem Infokanal finden! Barfußlaufen gehört in jedes Lauftraining integriert und soll ein wichtiger Bestandtteil einer langfristigen Trainingsplanung sein. Ehrlich gesagt, verstehe ich deshalb nicht ganz die negative Einstellung zu diesem Bericht...dass er mehr in die Tiefe gehen könnte, kann ich verstehen. Doch das wirst du bei jedem einzelnen Bericht feststellen müssen. Es ist einfach nicht möglich, alle Details in einem kurzen Bericht zusammen zu fassen. Ich bemühe mich ;-)

      Meine Erfahrung (und das ist eben nicht meine persönliche, sondern die mit Läufern) bei der Umstellung vom Laufen mit Schuhen auf Barfußlaufen ist aber, dass viele Läufer keine Ahnung haben, was ihr Körper aushält und wie man es am besten umstellt. Es kamen Sportler mit ernsthaften orthopädischen Fußproblemen zu mir, die nicht verstanden, dass diese neue Belastung nicht von 0 auf 100 bewältibar ist. Nur weil in der letzten Zeit in den Laufmagazinen das Barfußlaufen das "alleinige Heilmittel" aller Verletzungen angepriesen wird, heißt das noch lange nicht, dass alle ohne Schuhe laufen können!
      Deshalb wird bei mir auch immer die Vorsicht beim Beginn der Umstellung betont. Wenn's jemand besser weiß, dann kann er's natürlich auch anders machen...in deinem Fall war's ja offensichtlich so, dass du es ohne Probleme geschafft hast.

      Deine Definition von "in ein paar Wochen bis mittlere Distanzen ohne Schuhe einigermaßen problemlos schaffen" ist ehrlich gesagt das Schwammigste überhaupt. Ich selbst habe jedenfalls mehrere Monate gebraucht, bis ich ohne gröberen Muskelkater in den Waden 3km durchlaufen konnte - das ist meine persönliche Erfahrung!

      Das Thema Marathon und Empfehlung von Ärzten sind ganz andere Themen und weicht vom ursprünglichen Posting zu weit ab, gehören aber sicher auch an einer anderen Stelle diskutiert.

      Danke jedenfalls für deinen Input und ich hoffe, du bleibst hier auch weiterhin am Laufenden ;-)

      PS: beim Abschicken des Kommentars kannst du auch Alternativen zu Google auswählen unter "Antworten als:"

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  3. Hallo Walter,

    vielen Dank für deine ausführliche Replik! Ich hoffe, du hast dich durch meine Wortwahl in meinem Eingangskommentar ("Unsinn", "Blabla") nicht persönlich angegriffen gefühlt, sie war nur auf einige Textpassagen bezogen. Natürlich nehme ich dich ernst, sonst würde ich mir ja nicht soviel Mühe machen. An dieser Stelle möchte ich auch festhalten, dass ich deinen Blog wirklich toll finde (was nicht heißt, dass ich mit allen Inhalten übereinstimme). "Einige Wochen" und "mittlere Distanzen" ist nicht sehr konkret, da hast du recht, daher habe ich auch versprochen, bei Interesse meine Erfahrungen zu teilen.

    Nun denn: Ich habe Ende Mai 2011 nach ca. siebenjähriger Laufkarenz wieder zu laufen begonnen, mit rund 90 kg bei 1,80 m Körpergröße. Ich wollte etwas Neues ausprobieren, daher habe ich gleich barfuß angefangen, wegen der Herausforderung. Ich bin als Jugendlicher und junger Erwachsener immer schon viel barfuß unterwegs gewesen, allerdings noch nicht beim Laufen. Anfangs habe ich nur ausgedehntere Spaziergänge gemacht, um die Fußsohlen an die Beanspruchung zu gewöhnen. Meine ersten Laufrunden waren 4 km lang, davon bin ich etwa eineinhalb km wirklich gelaufen, den Rest gegangen. Beim dritten oder vierten Mal bin ich dann schon durchgelaufen, nach einem Monat habe ich dann schon eine zweite Runde angehängt, die ich teils gelaufen, teils gegangen bin. Je nach Wetterlage bin ich ein- bis dreimal pro Woche gelaufen, Mitte September erstmals15 km, mit einer viertelstündigen Pause nach 10 km.

    Ich muss ehrlich sagen, dass insbesondere am Beginn bereits unmittelbar nach dem Training die Wadenmuskeln enorm wehgetan haben. Wenn ich mich nach dem Laufen für zehn Minuten hingesetzt habe, habe ich danach kaum noch aufstehen können. Am nächsten Morgen nach einem Training bin ich wegen des starken Muskelkaters nur mühsam aus dem Bett herausgekommen. Das Hinuntergehen über die Treppe war dann eine echte Qual. Dennoch hat mich das unbeschreiblich geile Gefühl beim Laufen immer zum Weitermachen motiviert. Zunächst habe ich noch gelegentlich Schuhe angezogen, doch daran habe ich sehr schnell die Lust verloren und ich bin nur noch barfuß gelaufen. Am Saisonende im Oktober habe ich nur noch 84 kg auf die Waage gebracht.

    Über den Winter bin ich gar nicht gelaufen, erst im März 2012 habe ich das Training wieder aufgenommen. Meine Laufstrecken habe ich von da an mit einer App am Smartphone aufgezeichnet. Berufsbedingt musste ich die Saison bereits im August beenden, in diesem Zeitraum habe ich in 20 Einheiten 150 km zurückgelegt. Ich weiß, das ist nicht viel für einen ambitionierten Hobbyläufer, doch haben sich mittlerweile meine Wadenmuskeln sowie meine Füße prächtig entwickelt. Die Muskelzeichnung ist spektakulär ausgeprägt und das Fußgewölbe hat sich merkbar aufgerichtet, die Füße sind kräftiger und die Zehen wieder gerade in der Ausrichtung geworden.

    Seit April laufe ich wieder regelmäßig. Für den kommenden Winter habe ich mir vorgenommen, das Training mit Minimalschuhen fortzusetzen. Vielleicht kann ich so die unvermeidliche Gewichtszunahme in der kalten Jahreszeit in Grenzen halten. Allen Interessierten würde ich empfehlen, es einmal auszuprobieren. Mit etwas Durchhaltevermögen kann man ein völlig neues Laufgefühl entdecken und mehr Lebensqualität gewinnen.

    LG Tom

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    1. PS: Meine Laufzeit beträgt je nach Trainingszustand zwischen 9 und 11 Kilometer pro Stunde. Das entspricht einem Pace von etwa 5:30 bis 6:30 min. pro km.

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    2. Danke für deine ausführlich beschriebenen Erfahrungen. Gratuliere jedenfalls zu deinen Erfolgen. Bin neugierig, wie du weiterhin damit zurecht kommst. Halte uns am Laufenden - ich werde es jedenfalls tun :-)

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