Sonntag, 23. Dezember 2012

Leistungsdiagnostik für Läufer - Laktat Test

Jeder Läufer kennt den Laktattest zumindest vom Namen her, viele hatten ihn schon gemacht! In unseren Breiten ist dieser Test „State of the Art“ der Leistungsdiagnostik und wird allgemein jedem ambitionierten Sportler empfohlen. Doch auch dieser Test ist nicht für jeden geeignet.

Das Laktat ist ein Produkt des Kohlenhydratstoffwechsels! Da eine Ausdauerleistung sehr stark vom Kohlenhydratstoffwechsel abhängig ist, eignet sich die Messung des Laktats sehr gut zur Leistungsdiagnostik. Denn mit steigender Belastung wird der Anteil des anfallenden Laktats größer – und zwar nicht linear, sondern in einer exponentiellen Kurve, die natürlich mathematisch leicht berechnet werden kann.

Ablauf 

Prinzipiell funktioniert ein Laktattest so, dass in regelmäßigen Abständen die Geschwindigkeit erhöht und am Ende jeder Stufe die Laktatkonzentration und die Herzfrequenz gemessen wird. Der Sportler muss dann solange laufen, bis er die Geschwindigkeit nicht mehr halten kann und abbrechen muss. An bestimmten Stellen dieser Kurve wird dann durch unterschiedliche Berechnungsmethoden die aerobe und anaerobe Schwelle ermittelt.

Leider gibt es aber kein standardisiertes Protokoll mit genauer Belastungsdauer und Steigerung der Intensität. Jeder Diagnostiker schwört auf seine Erfahrung und bietet den für sich am besten bewährten Testablauf an. So gibt es Testverfahren, bei denen alle zwei Minuten die Geschwindigkeit um 1 km/h erhöht wird und andere erhöhen die Geschwindigkeit um 2 km/h alle drei bis vier oder sogar nur alle 5 Minuten. Auch rampenförmige Anstiege gibt es, bei der die Geschwindigkeit in sehr kurzen Abschnitten um 0,1 km/h erhöht wird.

Diese Variation macht auch klar, dass jedes Protokoll seine eigene Dynamik mit sich bringt. Die Auswertung eines Tests mit zwei unterschiedlichen Protokollen ergibt natürlich ein vollkommen anderes Ergebnis. Deshalb gibt es mittlerweile unzählige Berechnungsmethoden, wie die individuelle aerobe und anaerobe Schwelle ermittelt werden kann - dennoch verwenden viele für alle Varianten der Durchführung ein und dieselbe Auswertungsmethode! Weil es eben keinen Standard gibt! Und das hat einen ganz einfachen Grund, wieso die Wissenschaft dies noch nicht geschafft hat: jeder Mensch funktioniert (zum Glück) anders!

Ich persönlich bin ja ein sehr großer und konsequenter Gegner des Laktattests im Breitensport – du kannst die Begründung auch gerne nachlesen in den Berichten „Laktattest – 10 Gründe wieso er nicht das Mittel der Wahl ist“. Dennoch bleibt der Laktattest eines der wichtigsten Instrumente zur Trainingssteuerung im Leistungssport!

Vorteile 

  • Sehr detaillierte Daten werden erhoben
    Da wir mit den technischen Möglichkeiten bereits sehr gut in der Lage sind, geringste Mengen an Laktat im Blut analysieren zu können, sind auch geringfügige Änderungen verlässlich festzustellen. Die Laktatanalyse ist deshalb sehr gut geeignet, um bereits kleine trainingsbedingte Fortschritte zu erkennen. 
  • Unterstützung für leistungsabhängiges Training
    Weiß man vom Sportler die (echten) individuellen Trainingsbereiche, so können diese auch sehr gut im Training eingesetzt werden – und zwar stoffwechselabhängig! Um damit aber effizient trainieren zu können, muss mit konstanter Leistung trainiert werden. Der Trainingspuls wird damit unnötig (siehe Nachteile). 

Nachteile 

  • Fragliches Schwellenkonzept
    Wie oben erwähnt, konnte sich die Wissenschaft nicht auf eine einheitliche und objektive Interpretation einigen. Unterschiedliche Modelle können große Abweichungen in der Trainingsempfehlung bedeuten. 
  • Tagesverfassung und Ernährung sehr beeinflussend
    Großen Einfluss hat die Ernährung im letzten Tag und unmittelbar vor dem Test. Auch das Training in den Tagen vor dem Test kann das Ergebnis stark verfälschen. Da die Laktatkonzentration im Blut so gering ist, beutet bereits eine geringfügige Störung des normalen Gleichgewichts eine große Verzerrung. 
  • Leistung, Laktat und Herzfrequenz passen nicht zusammen
    Die Praxis zeigt, dass ein Training mit konstanter Leistung an der anaeroben Schwelle zu einem stetigen Pulsanstieg führt bzw. wenn man mit der Herzfrequenz der anaeroben Schwelle trainiert, fällt die Geschwindigkeit. Dieser Effekt wird noch größer, je kürze die Belastungsdauer des Testprotokolls und je größer die Leistungssteigerung pro Stufe gewählt wurde. Ein einfaches Hochrechnen von einer bereits ungenauen Laktatkonzentration kann nur zu Fehlern führen. 
  • Einmaliger Test nicht aussagekräftig
    Um wirklich genaue Werte aus einem Laktattest zu erhalten, sind mehrere „Bestätigungstests“ nötig. Im Spitzensport stehen solche Tests an der Tagesordnung und man weiß genau, wie das Laktat des jeweiligen Sportlers reagiert. Deshalb hat dieser Test meiner Meinung nach auch keine Relevanz im Breitensport, wo vielleicht überhaupt nur einmal im Leben ein Leistungstest durchgeführt wird! 

Nächste Woche möchte ich einen viel besseren Leistungstest für Läufer präsentieren, der mit Sicherheit mehr und vor allem genauere Informationen liefern kann als ein Laktattest – die Spiroergometrie. Willst du die nächsten Berichte per Mail erhalten, dann melde dich doch gleich beim Infokanal-Newsletter an!

6 Kommentare:

  1. Danke für die guten Argumente gegen die Laktatmessung! Genau solch ein Bericht hat mir gefehlt. Ich bin auch ganz und gar durch diese Diagnostik fehltrainiert worden und wunderte mich, wieso nix weitergeht. Jetzt pfeif ich auf Laktat und spar mir das Geld! Mit Erfolg!

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  2. Nicht nur im Hobbysport ist die Sinnhaftigkeit des Laktattests diskutiert - auch viele Trainer von Spitzensportlern kehren dem Laktat den Rücken! Manche Trainer lassen diesen Test nur noch machen, weil "es der Kader so vorschreibt"!

    Interessant ist auch, wieso andere Sportarten so sehr auf das Laktat schwören! Siehe österreichische Fußball Nationalmannschaft - ich hab keine Erklärung, wieso man von diesen Sportlern die anaerobe Schwelle ermitteln muss? Es hat mit dem Sport überhaupt nichts zu tun! Ich denke, da gibt es bessere Methoden

    Danke jedenfalls für den interessanten Bericht!
    Frank

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    1. Zumindest hat die Laktatmessung im Spitzensport noch eine Berechtigung, denn es ist anzunehmen, dass man dort wenigstens "sauber" arbeitet und genau weiß, wie die Sportler auf Laktat reagieren.

      Du brauchst aber nicht in anderen Sportarten suchen (obwohl dein Ansatz mit den Fußballern sehr richtig ist!). Mir befällt es, wenn bei diversen Laufveranstaltungen im Ziel "Professionelle" stehen und einem das Laktat messen - was soll das aussagen? Dass jemand mit hohem Laktatspiegel im Ziel sich mehr belastet hat? Hä? Genau denen, die solche Tests anbieten, sollte man aus dem Weg gehen, denn die haben die Physiologie nicht verstanden!

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  3. Hab ein knappes halbes Jahr auf meinen ersten Marathon trainiert ( 2 Laktattests)Erfolg: 3:56!
    Laktattests sind für einnen Hobbyläufer schon teuer! Was wäre dann das Mittel der Wahl?
    Max HF? (davon dann die verschiedenen Pulsbereiche berechnen)
    Wäre sehr dankbar über eure Erfahrungen bzw Tipps! Laufe im September meinen 2 Marathon und bin über neue Iddeen immer froh!

    Guten Rutsch an alle!
    mit sportlichen Grüßen Klaus

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    1. Hallo Klaus!

      Gratuliere zu deinem bisherigen Erfolg! Der zweite Marathon wird sicher spannender, weil du jetzt schon weißt, was auf dich zukommen wird!

      Mit einem Leistungstest sollst du ja nicht nur deine Trainingsbereiche feststellen, sondern auch rausfinden, wo du bereits gut bist bzw. wo noch Schwächen bestehen. Um die Trainingsbereiche zu definieren reicht es sicher aus, über die maximale Herzfrequenz zu arbeiten.
      In meinen Berichten zur "Formüberprüfung" gibt es bereits einige nützliche Tipps fürs Training.

      In den nächsten Wochen werden hier aber noch genauere Leistungstests vorgestellt...also bleib am Laufenden und melde dich gleich beim Newsletter an ;-)

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