Sonntag, 23. Februar 2020

Leistungsdiagnostik für Läufer – Funktionstest

Eine Leistungsdiagnostik soll Informationen für das Training liefern. Aussagekräftige vor allem! Viele der bisher besprochenen Tests liefern oft nur wenig echte Informationen, sind aufwändig oder einfach nicht geeignet. Praktikabel und aussagekräftig ist ein spezieller Funktionstest!

In meiner Tätigkeit als Trainer bin ich von einer aussagekräftigen Diagnose abhängig. Niemand kann seriös einen Sportler betreuen, wenn die gemessenen Daten nicht zuverlässig sind. Deshalb wandte ich mich bereits am Beginn meiner Trainerkarriere von der Laktatdiagnostik ab und suchte nach Alternativen.

Ist ein Sportler bereits über einen längeren Zeitraum bekannt, dann ist eine Betreuung meist ohne Diagnostik auch gut möglich. Die individuellen Trainingsbereiche verändern sich mittelfristig nur wenig (zumindest wenn das Training über die Herzfrequenz gesteuert wird). Wichtiger ist die ständige Formüberprüfung, damit die Entwicklung verfolgt werden kann. Dazu gibt es wieder unterschiedliche Möglichkeiten, wobei der Trainingswettkampf sicherlich zur wichtigsten gehört.

Im Wettkampf sieht man deutlich, was möglich ist. Abgesehen von der gewählten Taktik bekommt man einen Überblick, wie der Sportler in dieser Situation reagiert: Lässt er sich von der Masse mitziehen? Erreicht er Grenzen? Welche Leistung kann er erzielen? Wie verhält sich die Herzfrequenz?

Weiß man von einem Sportler jedoch überhaupt nichts, müssen diese Informationen über einen Leistungstest ermittelt werden. Und dazu wende ich einen speziellen Funktionstest an, bei dem ein kleiner Wettkampf simuliert wird. In Wirklichkeit ist es eigentlich ein abgeänderter Cooper-Test: „Lauf einen standardisierten Wettkampf“

Ablauf 

Aufzeichnungen - Funktionstest
Die Aufgabe bei diesem Test ist es, je nach Leistungsniveau und Anamnese eine bestimmte Länge (im Freien) bzw. eine bestimmte Zeit (am Laufband) maximal zu laufen. Nach einer 10minütigen Pause wird diese Belastungsstufe noch einmal wiederholt. Aufgezeichnet wird dabei die Herzfrequenz und die Geschwindigkeit.

Anamnese ist Voraussetzung für das Protokoll! 

Da ich die Funktion „Ausdauer“ überprüfen möchte, ist eine Belastungsdauer von etwa 10 Minuten ideal. Je kürzer die Belastung, desto größer ist der anaerobe Anteil. Deshalb versuche ich, eine Distanz zu finden, die der Sportler in ungefähr 8 bis 12 Minuten schaffen kann. Am Laufband wird die Dauer fix mit 10 Minuten vorgegeben.

Standardisiertes Aufwärmen (Aktivierung!) 

Im Gegensatz zu anderen Leistungstests ist bei diesem Test eine Aktivierung wichtig und vor allem sinnvoll. Erst ein aufgewärmter Muskel, der auf „Betriebstemperatur“ ist, kann die Leistung voll entfalten. Zum Aufwärmen gibt es deshalb nach einem kurzen Einlaufen noch ein bis zwei einminütige Beschleunigungsläufe.

Aufgabenstellung: Rennen über vorgegebene Zeit/Distanz 

Der Sportler bekommt die Aufgabe, für die vorgegebene Belastung „sein Bestes zu geben“. Die Intensität und die Taktik kann dabei selbst gewählt und während der Belastung natürlich auch ständig geändert werden. Für mich als Trainer gibt es auch wieder Informationen zum Sporttypen. Weiters erhält der Sportler noch die Anweisung, zum Schluss keinen Zielsprint zu machen und die letzten Reserven früh genug zu mobilisieren. Ein Zielsprint würde das Ergebnis zwar verbessern, doch die Erholungswerte wären dadurch stark verfälscht, was mir aber wichtiger ist.

Ständige Begleitung des Testers 

Ich beobachte den Sportler während des Tests und versuche, ihn dabei etwas zu motivieren. Ich kann dadurch beurteilen, wie sehr er sich belastet bzw. wie er mit dieser Extremsituation umgeht. Da der Sportler ganz auf die Distanz, die Belastung, den Test selbst konzentriert ist, wählt er mit Sicherheit seinen bisher gewohnten, vielleicht nicht ganz ökonomischen Laufstil. Den kann ich sogar besser beurteilen als bei einer isolierten Laufstilanalyse. Bei einer Laufstilanalyse (wie auch immer man sie anwendet) wird meist schon nur durch die Gewissheit, dass man den Laufstil analysiert, auch anders gelaufen.

Erholungsdauer fix 10 Minuten 

Nach den beiden Belastungsstufen gibt es eine 10minütige Gehpause, in der sich der Sportler erholen kann. Dabei erhalte ich über den Herzfrequenzabfall bereits Informationen zur Erholungsfähigkeit. Einerseits unmittelbar nach der Belastung, andererseits den Herzfrequenzverlauf während der Erholungsphase. Weiters versuche ich in der Pause die subjektive Einschätzung des Sportlers zur vorhergegangenen Belastung zu erfragen: Wie schnell schätzt er sich ein? Welcher Puls wurde maximal erreicht? Wie anstrengend war es und welcher Umstand wurde als limitierend empfunden? Wären noch Reserven vorhanden gewesen?

Zweiter Durchgang mit gleichen Voraussetzungen 

Nach der 10minütigen Pause erhält der Sportler noch einmal die Aufgabe, dieselbe Distanz/Zeit maximal zu laufen, wobei er beim ersten Durchgang keine Reserven für den zweiten zurückhalten sollte. Beide Belastungsstufen sollten isoliert und jeweils annähernd maximal gelaufen werden. Der Sportler hat aber die Möglichkeit, beim zweiten Durchgang Verlorenes aus dem ersten Durchgang gut zu machen. Dadurch kommt es zu einem Lerneffekt und ich sehe, wie dieser vom Sportler umgesetzt wird. Deshalb soll dieser Test auch nicht zu oft angewandt werden. Ansonsten bekommt er eine inflationäre Tendenz und die Aussagekraft sinkt.

Interessant, oder? Im nächsten Bericht erfährst du genau, wie dieser Test ausgewertet wird und wo darin die Vor- bzw. Nachteile bestehen. Willst du die nächsten Berichte per Mail erhalten, dann melde dich doch gleich beim Infokanal-Newsletter an!

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