Runtasia Infokanal: Die Lauftechnik der Spitzenläufer – sie laufen nicht am Ballen!

Sonntag, 9. August 2020

Die Lauftechnik der Spitzenläufer – sie laufen nicht am Ballen!

Immer wieder wird behauptet, dass der Vorfußlauf doch der gesündeste sein sollte. Mit dem läuft man nicht nur schnell, sondern ist auch besonders gelenksschonend. Wenn das so sein sollte, dann müssten doch die Besten der Besten auch am Vorfuß laufen. Dem ist aber nicht so. Kaum einer läuft am Vorfuß, im Gegenteil, die meisten sind Fersenläufer. Auch Eliteläufer. Doch es gibt einen Fersenlauf, den wir kennen und einen, den die guten Läufer laufen. Und genau den sollten wir auch aneignen.

Spitzenläufern bei ihrer Arbeit zuzusehen ist ein richtiges Erlebnis. Leichtfüßig laufen sie nahezu ohne sichtbare Anstrengung unvorstellbare Distanzen und man bekommt das Gefühl, dass sie dabei überhaupt nicht ermüden. Dieser Laufstil muss perfekt sein, und viele träumen davon, auch so dynamisch laufen zu können.

Auch wenn es prinzipiell erstrebenswert ist, so ähnlich zu laufen wie die Spitzenläufer, es ist nicht zielführend, einen speziellen Laufstil einfach nachzuahmen. Zu unterschiedlich sind die Voraussetzungen, so unterschiedlich sind wir gebaut. Stell dir nur vor, wenn zum Beispiel ein 2-Meter großer Läufer gemeinsam mit jemanden läuft, der nur 1,5 Meter groß ist. Sie sind angenommen gleich gut, laufen gleich schnell und doch haben sie einen komplett unterschiedlichen Laufstil. Doch nicht nur die Körpergröße ist entscheidend für den Laufstil, auch die Gelenksstellungen und Proportionen haben einen großen Einfluss auf den Bewegungsablauf. Jedem ist der Laufstil von Andra Mayr, der österreichischen Rekordhalterin im Marathonlauf bekannt? Auch die persönliche „Verletzungschonik“ bewirkt, dass wir vielleicht gar nicht so laufen können, wie diese Spitzenläufer.

Doch der wesentlichste Grund, wieso wir den Laufstil eines Spitzenläufers nicht abkupfern sollten, ist die Geschwindigkeit an sich. Wenn du 3:00 min/km laufen kannst, dann wirst du mit Sicherheit bereits eine gute Lauftechnik haben müssen. Genauer gesagt, wirst du so laufen müssen, um überhaupt so schnell zu sein. Die Geschwindigkeit gibt den Laufstil vor. Denn je schnell man läuft, desto wichtiger wird es, die vorhandenen Energiereserven ausschließlich für die Vorwärtsbewegung zu nützen. Jede unnötige Bewegung, die nicht in die Laufrichtung gesetzt wird, oder vielleicht sogar bremsend wirkt, bewirkt, dass ich mein gesamtes Potenzial nicht vollständig ausschöpfen kann. Ich laufe langsamer, als ich eigentlich könnte. Das ist auch der Grund, wieso die Eliteläufer ihre gute Lauftechnik bis ins Ziel halten können.


Je langsamer ich jedoch laufe, desto weniger ist die „schöne Lauftechnik“ relevant. Wenn Kipchoge oder Bekele einen 7er Schnitt laufen würde, dann sähen sie wohl auch so aus, wie wenn wir so langsam laufen. Und dennoch könnte man bei diesem Tempo doch kleine Unterschiede heraussehen. Das Problem dabei ist nur, dass die Spitzenläufer niemals so langsam laufen müssen…sie würde es auch nie tun. Für uns gilt das: Je schneller wir laufen, desto mehr sollten wir die wesentlichen Eigenschaften eines guten Laufstils umgesetzt werden.

Wie sieht nun der Laufstil eines Spitzenläufers aus?

Es gibt einige Faktoren, die einen guten Laufstil ausmachen. In diesem Bericht möchte ich mich vorerst nur auf den Fußaufsatz beschränken. Die restlichen Details werden in den nächsten Wochen an dieser Stelle behandelt. Abonniere gleich den Runtasia Infokanal oder meinen Youtube-Kanal und du bist am Laufenden.

Jede Geschwindigkeit hat eine andere Anforderung an die Lauftechnik. Ein Marathonläufer wird anders laufen als ein Sprinter, nämlich viel ökonomischer, weil er länger laufen muss. Je kürzer die Distanz, desto größer ist der Kraftaufwand, je länger man läuft, desto wichtiger wird die Ökonomie. Für den Fußaufsatz bedeutet das: vom Sprinten am Vorfuß bis hin zum langsamen Traben auf der Ferse. Auch du wirst es (hoffentlich) kennen, wenn du der Straßenbahn nachläufst und auf einmal am Vorfuß läufst?

Sieht man die Eliteläufer bei den Olympischen Spielen oder bei der Leichtathletik-WM zu, so wird man feststellen, dass alle Läufer am Vorfuß laufen. Das lässt vermuten, dass gute Läufer prinzipiell am Vorfuß aufkommen. Sobald man jedoch Läufer auf der Straße betrachtet, findet man nur noch ein paar Exoten, die am Ballen aufkommen. Der Grund dafür ist, dass man auf der Laufbahn mit „Spikes“ läuft. Diese Schuhe haben am Vorfuß auf der Sohle Dornen angebracht, die sich etwas in die weiche Laufbahn bohren und so zu einem guten Abdruck verhelfen. Und die Dynamik der Laufbahn unterstützt zusätzlich das schnelle Laufen. Alle Leichtathleten auf der Laufbahn sind somit Vorfußläufer.

Kommen diese Läufer jedoch auf die Straße, verändert sich der Laufstil. Die Spikes fallen weg und der Boden wird härter. Das reine Vorfußlaufen wird auf Dauer zu einer Belastung des Sprunggelenks und wird dadurch leichter überfordert. Ein von mir schon mehrmals erwähntes Beispiel für den Wechsel von Vorfuß- auf einen Fersenlaufstil ist Haile Gebrselassie, der nach seiner Laufbahn-Laufbahn zur Marathondistanz auf die Straße kam und relativ bald seinen Vorfußlauf ablegte.
Viele sind dennoch der Ansicht, dass die schnellsten Marathonläufer Vorfußläufer sind. Dem ist jedoch nicht so! Zumindest zeigt das die Realität. Das Vorfußlaufen hat dennoch eine Bedeutung im Lauftechniktraining. Doch auch dazu kommen wir in späteren Berichten.

Eliteläufer beim Berlinmarathon 2019

In diesem Video sieht man die Spitzengruppe rund um den Sieger dieses Marathonlaufs (Kenenisa Bekele, 2:01:41). Gleich am ersten Blick sieht man, dass alle diese Läufer einen etwas unterschiedlichen Laufstil haben. Der eine macht etwas größere, der andere kleinere Schritte (bzw. Schrittfrequenz), manche heben die Beine etwas mehr, andere haben mehr Vorlage usw. Obwohl alle gleich schnell laufen, jeder hat seinen eigenen Laufstil, der seinen physischen Voraussetzungen entspricht. Was aber alle vereint ist die Armhaltung (während des gesamten Bewegungsablaufs Ellenbogenwinkel unter 90°) und der Fußaufsatz. Dieser ist wie schon oben erwähnt, nicht am Vorfuß. Der erste Bodenkontakt ist bei den meisten Läufern mit der Ferse. Sehr schön sieht man das auch bei der Aufnahme von vorne (ab 4:22 min).

https://www.youtube.com/watch?v=lMRmoZGBv_o&t=145s

Spitzengruppe beim Businessrun 2019

In meiner zweiten Beobachtung filmte ich talentierte Hobbyläufer beim Businessrun in Wien. Auch diese Läufer laufen etwa 3:00min/km bzw. etwas langsamer und die meisten davon sind Fersenläufer. Einen kleinen Unterschied zu den Eliteläufern beim Berlinmarathon sieht man jedoch genau: Die Variation der Laufstile ist deutlich höher. Auch die Körperspannung ist bei einigen deutlich niedriger.

https://www.youtube.com/watch?v=lMRmoZGBv_o&t=390s

Spitzengruppe beim VCM 2019

Im letzten Video habe ich (Halb)Marathonläufer und Staffelläufer beim Wienmarathon beobachtet. Diese Läufer kamen mit einer hochgerechneten Zeilzeit bzw. einer Durchgangszeit beim Halbmarathon von etwa 1:10 bis 1:15 Stunden ins Ziel (Tempo ca. 3:20 bis 3:30 min/km). Auch hier laufen bis auf sehr wenige Ausnahmen alle auf der Ferse. Die wenigen Vorfußläufer sehen im Vergleich zu den anderen Läufern sehr auffällig und unnatürlich aus.

https://www.youtube.com/watch?v=lMRmoZGBv_o&t=585s

Was bedeutet das für uns Hobbyläufer

Wenn schon die Spitzenläufer nicht am Vorfuß laufen, dann brauchen wir es natürlich auch nicht. Diese Videos widerspiegeln die Realität und zeigen uns, dass Langstreckenläufer auf der Straße Fersenläufer in Wirklichkeit Fersenläufer sind. Dennoch gibt es Fersenläufer, wie wir sie in den Videos gesehen haben und Fersenläufer, die sich tatsächlich bremsen und vielleicht sogar die Gelenke unnötig stark belasten. Denn diese gezeigten (guten) Fersenläufer haben beinahe keine Belastung auf der Ferse, sie setzen den Fuß mit der Laufrichtung am Boden auf und haben mit dem ersten Bodenkontakt bereits Zug am Asphalt und können sofort beschleunigen. Die erste große Belastung ist dann erst am Mittelfuß, wenn der gesamte Fuß flach am Boden ist. 

Und genau das ist der große Unterschied zu den Hobbyläufern, die auch mit der Ferse aufprallen, sie setzen die Ferse aber meist gegen die Laufrichtung auf, sodass sie sich bei jedem Schritt bremsen. Diese Stoßbelastung macht sie nicht nur langsamer, sondern sie breitet sich auch in die Knochen und Gelenke aus und verursacht dort langfristig Überlastungserscheinungen. Deshalb brauchen diese (schlechten) Fersenläufer auch Laufschuhe mit einer dementsprechend guten Fersendämpfung, damit sich der Aufprall nicht fortpflanzt. Und schon sind wir wieder bei der Negativspirale, die wir in den letzten Berichten ausführlich besprochen haben: du brauchst die richtigen Laufschuhe für deinen aktuellen Laufstil, aber du sollst an der Lauftechnik arbeiten, damit du (auch) mit leichteren Schuhen laufen kannst.

Wir Hobbyläufer müssen ständig an unserer Lauftechnik arbeiten. Wir werden zwar niemals so elegant laufen können, wie die Eliteläufer (zumindest nicht auf Dauer), dennoch zahlt es sich aus sich in diese Richtung zu entwickeln. Dazu braucht es nicht viel. Aber von alleine wird sich dein bestehender Laufstil nicht ändern. TUN ist wieder einmal angesagt. Im nächsten Bericht bzw. Video erfährst du, wie die zwei wesentlichen Merkmale (Fußaufsatz und Armhaltung) eines guten Laufstils für uns Hobbyläufer aussehen sollten, damit auch wir auf unserem Leistungsniveau das Beste beim Laufen rausholen können und verletzungsfrei bleiben.

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In meinem neuen Buch erfährst du, wie Läufer ticken, welche Laster sie haben und wie man mit ihnen umgehen musst. Du wirst dich in vielerlei Hinsicht wiedererkennen...sofern du ein "echter Läufer" bist.

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