Runtasia Infokanal: Leistungsdiagnostik für Läufer - Spiroergometrie

Sonntag, 6. Januar 2013

Leistungsdiagnostik für Läufer - Spiroergometrie

In den letzten Wochen konnten wir bereits viele Leistungstests kennenlernen. Heute möchte ich den "Golden Standard" der Leistungsdiagnostik vorstellen - die Spiroergometrie. Dazu habe ich den Internisten meines Vetrauens gebeten, diesen Test auf meinem Infokanal zu beschreiben. Denn wer kann es besser, als jemand, der es tagtäglich praktiziert: Dr. Colin Schenk!
Ein großes Dankeschön für diesen ausführlichen Beitrag:


Leistungsdiagnostik hilft angestrebte Ziele schneller zu erreichen!

Sportler haben unterschiedliche Ziele. Ehrgeizige steuern neue Bestzeiten an, manche Hobbysportler wollen nur ein paar Kilos verlieren. Je genauer die Ziele definiert sind, desto sinnvoller ist ein individueller Trainingsplan, um diese zu erreichen. Grundlage für ein effizientes Training ist eine kompetente Trainingsberatung sowie eine aussagekräftige Leistungsdiagnostik. Die Spiroergometrie (kurz auch "Spiro" oder "Spirometrie") ist die „Königsklasse“ unter den Leistungstests.

Was ist eine Spiroergometrie?

Eine spiroergometrische Untersuchung ist ein komplexer und umfangreicher Belastungstest der in der Regel auf einem Fahrrad- oder einem Laufbandergometer durchgeführt wird. Ziel einer Spiroergometrie ist es, die Funktion von Herz, Kreislauf, Atmung und muskulärem Stoffwechsel in Ruhe und unter ansteigender körperlicher Belastung bis hin zur Ausbelastung zu beurteilen. Bei dieser Form der Leistungsdiagnostik werden die Atemgase über eine Atemmaske unter zunehmender Belastung gemessen und damit indirekt der Stoffwechsel analysiert. Daraus lassen sich verlässliche Trainingsbereiche ableiten, welche die Trainingsplanung und das Training selbst maßgeblich beeinflussen können.

Vorbereitung

Eine internistische Basisuntersuchung sollte jedem sportmedizinischen Leistungstest vorangehen. Für eine optimale Aussagekraft einer spiroergometrischen Leistungsdiagnostik wird empfohlen vor der Untersuchung drei Tage lang nicht hart zu trainieren und auf eine kohlenhydratreiche Ernährung (Nudeln, Kartoffeln, Brot, Reis, etc.) zu achten.

Durchführung einer Spiroergometrie

Je nach Fragestellung wird als Belastungsform ein stufen- oder rampenförmiges Protokoll auf dem Fahrrad- oder Laufbandergometer gewählt. Anfangsleistung und Steigerungsschritte der Belastung werden individuell festgelegt. Zur Durchführung der Spirometrie trägt die untersuchte Person eine dicht sitzende Atemmaske, die mit einem Messsensor versehen ist. Über diesen werden die Atemvolumina bestimmt und Gasproben zur Messung der Sauerstoff- und Kohlendioxidkonzentrationen gewonnen. Gleichzeitig erfolgt eine Registrierung der Herzfrequenz über ein Belastungs-EKG und die Bestimmung der Blutdruckwerte. In manchen Zentren werden zusätzlich Laktat- und Blutgaswerte - aus am Ohrläppchen entnommenen Blutproben - analysiert.

Was wird gemessen? Welche Aussagen sind möglich?

Die Messung der maximalen Sauerstoffaufnahme (VO2max) ermöglicht eine Beurteilung der maximalen körperlichen Leistungsfähigkeit. Die maximale Sauerstoffaufnahme beschreibt die Fähigkeit des Organismus, Sauerstoff aus der Umgebungsluft über das Atemsystem ins Blut aufzunehmen und durch das Herz-Kreislaufsystem zur Muskulatur zu transportieren, wo der Sauerstoff im aeroben Energiestoffwechsel verwertet wird. Die VO2 max. stellt somit eine komplexe Messgröße dar, die von der Funktion verschiedener Organsysteme abhängig ist.

Die Ermittlung der sogenannten (ventilatorischen) anaeroben Schwelle (vAT) beschreibt jene Belastungsintensität, ab der es zu einem vermehrten Verbrauch an Kohlenhydraten bei der muskulären Energiegewinnung und damit auch zu einem messbaren Anstieg der Laktatbildung in der Muskulatur kommt.

Der respiratorische Kompensationspunkt (RCP) ermittelt die Belastungsintensität, ab der die laktatbedingte Übersäuerung des Körpers nur noch durch eine deutlich gesteigerte Atemarbeit mit Abatmung von Kohlendioxid (CO2) kompensiert werden kann. Es ist darüber hinaus möglich, anhand des Verhaltens von Sauerstoffaufnahme und Kohlendioxidabgabe auf den Kalorienverbrauch und die Raten der Verstoffwechselung von Fetten und Kohlenhydraten zu schließen (indirekte Kalorimetrie).

Wichtige Informationen für Sie und Ihren Trainer

Durch die spiroergometrischen Messergebnisse – insbesondere durch die Bestimmung der ventilatorischen anaeroben Schwelle (vAT) und des respiratorischen Kompensationspunktes (RCP) – erhält man wichtige Informationen über die optimalen individuellen Trainingsbereiche. Dies stellt den Grundstein für ein zielorientiertes und effizientes Training dar.

Bei ambitionierten SportlerInnen mit Wettkampfteilnahmen können realisierbare Zielvorgaben bzw. -zeiten vorgeschlagen werden und Trainingsumfänge und Trainingsintensitäten besprochen werden. Aus sportmedizinischer Sicht kann somit auch ein wertvoller Beitrag zur Verhinderung von Überforderungen geleistet werden.

Vorteile der Spiroergometrie

  • Die Spiroergometrie ermöglicht viele zusätzliche Aussagen zum Gesundheits- und Trainingszustand.
  • Trainingsempfehlungen können an mehreren Messwerten (z.B. maximale Sauerstoffaufnahme, ventilatorische anaerobe Schwelle, respiratorischer Kompensationspunkt) festgemacht werden.
  • Aussagen über den Fett- und Kohlehydratstoffwechsel sind möglich. Dadurch werden auch optimale Empfehlungen zur Fettverbrennung und zum gesundheitsorientierten Ausdauertraining möglich.
  • Es muss kein Blut abgenommen werden (im Gegensatz zum Laktattest).

Nachteile der Spiroergometrie

  • Hoher apparativer und technischer Aufwand
  • Teurer als andere Leistungstests (die Kosten liegen zumeist zwischen 150 und 300€)
  • Manche Personen fühlen sich durch die eng anliegende Maske eingeengt

Wann macht die spiroergometrische Leistungsdiagnostik Sinn?

Meiner Meinung nach ist eine Spiroergometrie als Leistungstest sicherlich nicht bei jeder Sportlerin/jedem Sportler sinnvoll. In folgenden Situationen können die Ergebnisse einer solchen Untersuchung für AusdauersportlerInnen allerdings sehr nützlich sein:
  • Im Leistungs- und Profisport zur optimalen Trainingsplanung
  • Bei ambitionierten SportlerInnen zur Verbesserung des Trainingserfolges, insbesondere
     bei Leistungsstagnation,
     -  bei Über- oder Unterforderung im Training,
     -  wenn trotz regelmäßigem Training der erwartete Erfolg ausbleibt, oder
     -  bei einem Motivationstief („verbesserter, neuer Trainingsplan als Motivationsschub“).

Grundvoraussetzung ist allerdings in jedem Fall eine kompetente Trainingsberatung um die Ergebnisse dieser komplexen Untersuchung in ein effizientes Training umzusetzen zu können!

Zusammenfassung

Durch die indirekte Messung des Energiestoffwechsels stellt die Spiroergometrie ein sehr exaktes aber auch aufwendiges Verfahren zur Leistungsdiagnostik dar und ermöglicht dadurch die individuelle Ausgangslage für ein optimales Training zu ermitteln.

"Die entscheidende Frage ist nicht, wie viel du trainierst, sondern wie du trainierst.“
(Rick Niles, Triathlon Coach)



Dr. Colin Schenk
Facharzt für Innere Medizin Schwerpunkt Kardiologie
Heinestrasse 36/6, 1020 Wien
Internet: www.internist-schenk.at

geb. 1975 in Wien, verheiratet, 2 Kinder, Medizinstudium an der Medizinischen Universität Wien, Turnusarztausblidung im SMZ-Ost (Wien). Facharztausbildung für Innere Medizin am Universitätsklinikum Regensburg und an der 2. Medizinischen Abteilung der Rudolfstiftung in Wien mit Schwerpunkt Kardiologie, Angiologie und Intensivmedizin. Facharztausbildung (Wahlfach) an der 1. Lungenabteilung des Otto-Wagner-Spitals, Baumgartner Höhe in Wien.

1 Kommentar :

  1. Spiro rules!
    Hab selbst eine gemacht und war total begeistert!

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