Runtasia Infokanal: Ein besorgniserregender Trend lässt echte Läufer schwinden

Sonntag, 4. September 2016

Ein besorgniserregender Trend lässt echte Läufer schwinden

Gehen die Leute jetzt nicht mehr nach der Arbeit laufen, sondern machen ein „Afterwork-workout“? Und müssen sie dann alle 500m stehen bleiben, um Ausfallschritte, Burpees oder vielleicht sogar Liegestütze zu machen? Welchen Sinn verfolgt man damit, fragt sich ein verwunderter und besorgter Läufer…

Zurzeit habe ich fast das Gefühl, dass das Laufen, wie es die Menschheit seit Jahrtausenden gemacht hat, Gefahr läuft, eine sterbende Sportart zu werden. Wenn ich mich so umhöre, dann läuft eigentlich kaum mehr jemand, sondern man betreibt ein „Workout“ oder nimmt an einem „Fitness-Run-Lauftreff“ teil, bei dem sich höchstmotivierte Fitnesstrainer als Laufcoach ausgeben. Bootcamps für Läufer entstehen, HIIT-Lauftreffs erobern die Laufszene, die Stadt wird für Urban-Trailruns genützt. Neues und Abwechslung hält die Teilnehmer beim Laufen!

Jeder weiß, welche Meinung ich zum Thema Fitnessbewegung habe: man muss den Leuten immer etwas Neues verkaufen, damit sie dranbleiben. Altbewährtes bekommt einen neuen Namen und liegt mit dem neuen Mascherl dann wieder im Trend. Zumindest eine Zeit lang! So ähnlich funktioniert es auch mit der Ernährung. Alle paar Jahre taucht ein neuer Trend auf, mit dem man endlich abnehmen kann, gesund und vital wird/bleibt und der oft sogar ein „lebenslanges Leben verspricht“. Diese „nur die eine Ernährung ist richtig“ Mentalität wird zum Dogma und bringt sich kasteiende und andere belehrende, reizbare und teils mangelernährte Menschen hervor. Zum Schluss fallen die meisten dann doch wieder in ihr bisheriges Ernährungsverhalten zurück, da es nicht nur einfacher umzusetzen ist, sondern auch die eigene Lebensqualität deutlich verbessert. Zumindest bis zum nächsten Trend.

Das hat es immer schon gegeben und wird es auch weiterhin. Passend dazu hat Achim Achilles bereits eine Kolumne zum Thema Trendsportarten geschrieben! Unbedingt lesen, damit du weißt, wie der heurige Lauftrend „Urban Retro Running“ aussieht.

Neu für mich ist diese Entwicklung aber beim Laufen! 


Neulich war ein Teilnehmer eines Lauftreffs verwundert und sichtlich enttäuscht, da wir so viel gelaufen sind und keine Übungen dazwischen eingebaut hatten. Wieso? Ganz einfach: Weil es keinen Sinn macht! Nun, vielleicht kann es motivierend sein. Vor allem kann es jüngere Sportler dazu bringen, den Zugang zum Laufen zu finden und früher oder später doch noch zu einem „echten Läufer“ zu werden. Wir wissen ja, dass wir Läufer mit dem Alter reifen! Jugendliche haben mit einem derartigen Training gleich mehrere Fliegen mit einer Klappe geschlagen: das Training in der Gruppe unter Anleitung eines Trainers motiviert ungemein und sie spüren ihren Körper beim Training – nach jedem Training!

Ich propagiere zwar immer wieder, wie wichtig das Krafttraining für Läufer ist und ich muss manche Läufer erst mühsam überzeugen, dass sie es machen, doch auch beim Krafttraining ist der Zeitpunkt des Trainings, aber auch die Dosis entscheidend.

Was ein Krafttraining nicht sein soll:

  • Es ist nicht nötig, stundenlang Kraft zu trainieren, nein!
  • Es ist auch nicht nötig, unsere Laufmuskulatur bis zur vollständigen Erschöpfung auszubelasten.
  • Es ist nicht nötig, tagelang einen Muskelkater zu bekommen
  • Es darf auf keinen Fall das Lauftraining negativ beeinträchtigen!! 

Wie ein Krafttraining sein soll:

  • kurz und knackig! 15 Minuten, zwei bis drei Mal pro Woche sind ausreichend
  • zielführend! Die richtigen Übungen fürs Laufen. Dazu gehören nicht unbedingt Dips, Klimmzüge oder Liegestürze!
  • wenn möglich, unabhängig vom Lauftraining an einem lauffreien Tag
  • wenn nötig und nicht vermeidbar, dann auch gerne nach einer nicht zu anstrengenden Laufeinheit 


Ich bin Läufer und versuche mit meinem Lauftraining das Beste rauszuholen, damit ich einerseits schneller werde und ich es andererseits leichter beim Laufen habe. Dazu gehören viele Bausteine, die systematisch und wohldosiert eingesetzt werden müssen. Das wichtigste Training für einen Läufer ist und bleibt aber das Lauftraining, mit dem man die spezifische Kraft und Ausdauer trainiert.

Entweder ich konzentriere mich aufs Krafttraining, oder aufs Ausdauertraining. Beides zusammen hat nur einen geringen bis gar keinen Effekt. Mit solchen Workouts mag vielleicht das Gewissen der Teilnehmer beruhigt werden, vielleicht haben sie auch etwas für die allgemeine Fitness getan, aber als Lauftraining lasse ich das nicht durchgehen.

Meine offenen Fragen zum Typ „echte Läufer“:

  • Gibt es den echten Läufer noch irgendwo da draußen?
  • Ist körperliche Ertüchtigung durchs Laufen zu wenig für die Gesundheit?
  • Wird das Laufen (durchgehend von Punkt A nach Punkt B) mit der Zeit zu langweilig?
  • Hat es solche Veränderungen schon immer gegeben – werde ich einfach nur alt? 

Egal! Ich versuche einfach mal den Lauftrend des Jahres aus und starte mit einem lockeren „Authentic Urban Retro Run“.


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Tipp der Woche: 

Wie ein Trend zur Massenbewegung wurde - wie das Laufen die Welt erobert hat! Ein besonderer Film für Läufer, die das Laufen verstehen (wollen):
FREE to RUN (DVD)

11 Kommentare :

  1. Du wirst eindeutig alt, wALTer!!!

    Auch ich bin letztens bei einer Laufguppe vorbeigerannt, bei der sich die einzelnen Läufer selbst motivierten, ein paar Übungen einzubauen. Sobald einer der Teilnehmer "BURBEEEEEES" schrieh, blieben alle stehen und fielen um. Hatte was militärisches!! Weit sind wir gekommen!;-)

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    1. Danke! Dann bin ich beruhigt! ;-)

      Das wird dann zum Jux und einer nach dem anderen ruft dann die Burbees aus und sie kommen nicht mehr zum Laufen...sie können nicht mehr laufen!!!

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  2. Super Artikel, Walter!
    Trainingslehre rockt, IMMER NOCH!!!

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  3. Ich finde es traurig Neuem stets negativ gegenüberzustehen und anderen nicht ihren Spaß zu gönnen. Hat sich so mit Trailrunning verhalten und siehe da, doch ein Angebot von Runtasia. Von der reinen Trainingslehre wirst Du nicht satt werden.

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    1. Ich hätte mich doch sehr gefreut, wenn dein Posting nicht anonym wäre. Ich nehme an, du kennst dich in unserer Laufgemeinde etwas aus und weißt, dass wir seit mehr als 10 Jahren Trailläufe anbieten, nur nicht so nennen! ;-)

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  4. Das ist Fitness und diese Fitnessjünger brauchen anscheinend jede Woche eine Abwechslung. Ich hab das schon vor 20 Jahren in den Studios erlebt - die brauchen andere Motivation. Nur die wenigsten werden wirklich Läufer.
    Bin neugierig, wohin es in den nächsten 10 Jahren führen wird...aber das ist eben eine andere Welt.

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    1. Fußball ist auch eine Laufsportart. Das heißt aber noch lange nicht, dass sie Läufer sind, wie wir es meinen. So hat jede Sportart seine Eigenheit - Hauptsache, die Leute machen irgendetwas!!!!

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  5. Ein Fachgeschäft für Läufer hat kürzlich stolz einen gelungen Laufteff gepostet:
    "Am Samstag wurde nicht nur wegen den warmen Temperaturen geschwitzt - mit NIKE stand eine H.I.T. & Run Einheit am Programm. Zwischen den schweißtreibenden Übungen musste auch noch "Springschnurgehüpft" werden, sodass es keinerlei Verschnaufpausen gab. Aber für unsere Teilnehmer alles gar kein Problem - als Belohnung gab es eine Portion Muskelkater"

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    1. ...genau solche Lauftreffs meine ich "HIIT-Lauftreff" :-D

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  6. Entweder ich laufe zu Zeiten wo diese Gruppen schon wieder Feierabend gemacht haben oder ich übersehe die immer wenn sie sich treffen in Mannheim am Neckar. Ich kannte diese laufevents noch garnicht bis gerade eben ich dein Artikel gelesen hatte.

    Gruß Marco

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